flora fauna habitat
Die Flora Fauna Habitat (FFH) Richtlinie der Europäischen Union ist ein zentrales Instrument zum Schutz und zur Erhaltung von natürlichen Lebensräumen und der Artenvielfalt. Die künstlerische Auseinandersetzung mit der FFH-Richtlinie bietet für Florian Reckert den Anlass, die Komplexität und grundlegende Bedeutung dieses Themas auf kreative Weise zu kommunizieren.
Im Zentrum der Ausstellung Flora Fauna Habitat steht die Idee der Transformation als schöpferische Kraft der Natur, aber auch die Auswirkungen der durch den Menschen verursachten Lebensraumzerstörung. Durch die intensive Auseinandersetzung mit der Kraft der Transformation als künstlerische Position möchte Reckert den lebendigen Wandel von Wachstum und Zerfall in Natur, Gesellschaft und Individuum erfahrbar machen.
In seinen komplexen fotografischen Arbeiten kombiniert Reckert traditionelle Natur- und Landschaftsfotografie mit fortschrittlichen Techniken aufwändiger digitaler Bearbeitung, um eine Bildsprache der Ikonisierung zu entwerfen, die die Grenze zwischen scheinbar realer und konstruierter Welt verwischt.
Das Endlosfilmprojekt Panta Rhei (altgriechisch ‚alles fließt‘) ist ein weiterer wesentlicher Bestandteil der Ausstellung. Nachdem die erste Version 1.0 zuletzt im Rahmen der LETsDOK Dokumentarfilmtage 2024 im Kino gezeigt wurde, erschien der Film nun erstmals in der Version 2.0 in der ersten FFH-Ausstellung im Westwerk, November 2024. Diese Version wurde durch zusätzliche, noch nie gezeigte Sequenzen bereichert, die das Projekt weiterentwickelt und vertiefet haben.
Die multidimensionale Installation mit dazugehörigem Soundtrack verwandelt die Ausstellung in einen Raum, der eine immersive Erfahrung von Prozessen ermöglicht, die die tiefe Verbindung zwischen Natur, Mensch und Transformation reflektieren.
The European Union’s Flora Fauna Habitat (FFH) Directive is a crucial tool for the protection and preservation of natural habitats and biodiversity. For Florian Reckert, the artistic engagement with the FFH Directive serves as a starting point to communicate the complexity and fundamental importance of this subject in a creative way.
At the heart of the Flora Fauna Habitat exhibition is the idea of transformation as the creative power of nature, as well as the impact of human-caused habitat destruction. By delving deeply into transformation as an artistic position, Reckert seeks to make the dynamic process of growth and decay in nature, society, and the individual tangible.
In his complex photographic works, Reckert blends traditional nature and landscape photography with advanced digital editing techniques to craft an visual language of iconization that blurs the line between what seems real and what is constructed.
The endless film project Panta Rhei (ancient Greek for „everything flows“) is another central element of the exhibition. After the first version 1.0 was screened in cinema as part of the LETsDOK Dokumentarfilmtage 2024, the film now appeared for the first time in version 2.0 in the firstFFH exhibition in the Westwerk, November 2024. This version has been enriched with additional sequences that have never been shown before, which have further developed and deepened the project.
The multidimensional installation with accompanying soundtrack transforms the exhibition into a space that enables an immersive experience of processes that reflect the deep connection between nature, humans and transformation.
Lichenologia II
nimmt den Betrachter auf eine faszinierende Reise mit, die beim Mikrokosmos der Detailaufnahme einer Flechte beginnt und bis zum Makrokosmos großflächiger Gebirgs- und Küstenlandschaften reicht. Die Arbeit ist ein exemplarisches Beispiel für Florian Reckerts künstlerische Arbeitsweise: Er integriert traditionelle Natur- und Landschaftsfotografie in einen vielschichtigen digitalen Bearbeitungsprozess, der eine neue visuelle Dimensionen erschafft.
Den Ausgangspunkt bilden dabei zahllose, von Reckert fotografierte Aufnahmen, die in aufwendigen kreativen Prozessen miteinander verbunden werden. Die mikroskopische Präzision der Flechtenaufnahme verschmilzt hier nahtlos mit der monumentalen Weite von Landschaftsaufnahmen und wird so zu einer visuellen Entdeckungsreise. Abhängig von der Wahrnehmug entsteht ein Spannungsfeld, das die transformative Kraft von Wachstum und Vergänglichkeit in der belebten Natur im Großem sowie im Kleinen sichtbar macht.
Diese Herangehensweise verleiht Reckerts Arbeiten eine außergewöhnliche visuelle Dichte und Tiefe. Die Verschmelzung von Mikrokosmos und Makrokosmos wird hier zu einem Sinnbild für die Einheit und Vielschichtigkeit der Natur, die in ihrer subtilen Schönheit mit seinen oft von uns ignorierten Details erst auf den zweiten Blick mit anderen Augen wahrgenommen wird.
Milvus mortuus II
Am 16. April 2021 wurde dieser tote Rotmilan ca. 32 Meter südlich seines Horstes von Florian Reckert im Rahmen einer avifaunistischen Kartierung für ein Artenschutzgutachten entdeckt und fotografiert. Die Kartierung erfolgte im Zusammenhang mit dem geplanten Bau eines Windparks östlich von Neumünster, der sich in unmittelbarer Nähe des Horststandorts befinden sollte. Dieser Fund ist Teil einer tragischen Serie von bis dahin über 20 Rotmilan-Totfunden in diesem Gebiet, die sich in den letzten Jahren häuften. Es konnte nachgewiesen werden, dass ein Großteil dieser Vögel vergiftet wurde. Trotz Ermittlungen der Polizei und toxikologischer Laboranalyse konnten keine weiteren konkreten Hinweise zu diesem Fall und den mutmaßlichen Tätern gewonnen werden, denn nicht immer gelingt ein Nachweis des Giftes. Werden die Vögel zu spät gefunden, ist keine erfolgreiche Laboranalyse mehr möglich. Die Täter »illegaler Greifvogelverfolgung« bleiben dann in den meisten Fällen unerkannt.
Jedoch führte unter anderem dieser Fund zur Etablierung eines seit 2021 laufenden Artenschutzprojekts, das den Rotmilanbestand aufgrund anhaltender Funde von vergifteten Vögeln östlich von Neumünster untersucht. Das Projekt wird mit Mitteln des Ministeriums für Energiewende, Klimaschutz, Umwelt und Natur des Landes Schleswig-Holstein (MEKUN) gefördert. Zu den Maßnahmen gehören u.a. regelmäßiges Monitoring, der Einsatz und die Schulung lokaler Nestpaten sowie die Überwachung von Horststandorten durch Kameras während Brutzeit und Jungenaufzucht.
In Deutschland brüten mehr als die Hälfte aller Rotmilane weltweit. Daraus ergibt sich in diesem Land eine besondere Verantwortung für diese streng geschützte Art. Dieser majestätische Greifvogel, der eine Spannweite von knapp 2 Metern bei einem Gewicht von nur gut einem Kilogramm erreichen kann, wird aufgrund seines typischischen Erscheinungsbildes mit deutlich gegabeltem Schwanz auch »Gabelweihe« genannt. Aktuell wird der Brutbestand in Schleswig-Holstein auf etwa 240 Paare geschätzt.
Tempestas V
zeigt die Dualität von Bewegung und Stillstand, indem es die Dynamik des Wassers mit dem Eindruck eines wie eingefrorenen Moments verbindet. Die Arbeit lädt dazu ein, die flüchtigen und zugleich kraftvollen Eigenschaften des Elements zu durchdringen – immer im Spannungsfeld zwischen Veränderung und Beständigkeit.
Das textile Banner wird durch einen strategisch platzierten Ventilator in eine sanfte, wellenartige Bewegung versetzt, die das sensorische Erlebnis der Besucher intensiviert. Diese kontinuierliche Bewegung, inspiriert von den Kräften des Windes und des Wassers, verleiht der Arbeit eine ozeanische Rhythmik, die fast hypnotisch wirkt. Während das Banner leicht schwingt und sich kräuselt, erinnert es an das stetige Auf und Ab der Meereswellen – ein Sinnbild für den ewigen Kreislauf von Dynamik und Ruhe der Elemente.
Die Bewegungen des Banners und der gleichzeitig gezeigte Stillstand, rufen Bilder von gesellschaftlichen und ökologischen Umwälzungen hervor, ezählen aber auch von der Hilflosigkeit, mangelnder Erkenntnis und Unfähigkeit des Einzelnen zu handeln.